Provinzfetenpogo versus 2 Unlimited ( Travellers Alive Review)
Es war wohl 1992 als ich tatsächlich aktiv Einzug in die Pupertät erhielt und aus dem Samstag-Abend-Wetten-Dass-mit-ner-Tüte Chips-vorm-Fernseher Wochenendalltag entflohen bin und auf die ersten Partys meines Lebens gewankt bin.
Es war die große Zeit der Rollensozialisation und Manifestation irgendeines Stiles, der uns alle individuell zu machen schien; zumindest glaubten wir dies. Bei uns hatte man damals die Auswahl zwischen den Stilen Skater, Punk, Plastikgangster, Heavy, Grunger(*lol*), oder schlichtweg Normalo. Aber normal zu sein war ja das Schlimmste was einem passieren konnte. Musikalisch gesehen war die Stilsuche keine einfache Sache wenn man vorher eher Bravo Hits, Howard Carpendale oder den Soundtrack von Benjamin Blümchen im Rekorder hatte. Es war die Zeit des aufkeimenden Danceflors á la 2 Unlimited, Snap, Dr. Alban, etc..
Relativ schnell war klar, daß man sich dazu nicht öffentlich bekennen konnte und erst recht nicht auf irgendeiner Tanzfläche abgehen konnte. Wir verurteilten dies schlicht und ergreifend. Man bekam die "Ten" in die Hand und die Welt veränderte sich. Aha Rock and Roll scheint dein Ding zu sein. Einige musikalisch versierte Freunde weiter, die einen in die Welt von Rage against the machine, etc. einführten und schon war der Traveller fertig. Haare waren jetzt auch endlich lang, das Holzfällerhemd ordentlich schmuddelig und die Affinität zu Alkoholkonsum stieg auch exponential.
Jetzt müßt ihr euch vorstellen, daß es in unserer dünn besiedelten Landgegend kaum Gelegenheit gab diesen endlich gefundenden Stil zur Schau zur stellen. Sprich, es gab nur diverse Jugendheimpartys oder Scheunen/Zeltdiskos mit DJ Ingo. Immer prima mit dem Fahrrad zu erreichen und mit dem Rucksack voll Bier konnte der Abend selten schief gehen. Da wir musikalisch ein Randdasein pflegten mußten wir mit der Tatsache leben, daß den ganzen Abend nur bekackter Dancefloor lief und wir uns die ganze Veranstaltung immer ordentlich hübsch saufen mußten. .........bis unsere halbe Stunde kam. Jeder DJ konnte nämlich nicht an der Tatsache vorbeischauen, daß es uns gab.
Die langhaarigen Bombenleger!! Also lief immer ca. 30 Minuten lang unsere Musik, zum Entsetzen der Popper und Vollpfosten mit ihrem Gel im Haar.
Bombtrack
Smells like Teen Spirit
Bullet in the head
etc.
und ja
Alive
Es war für mich immer das Highlight jeder dieser Partys zu diesem Lied, meist volltrunken, abzugehen als ob es kein morgen mehr gäbe. Grölen, wanken, Luftgitarre am Anschlag, Haare wedeln und in die eigene Welt abtauchen. Großartig!!
Und so soll es heute noch vorkommen das ein gewisser T. Raveller aus T. bei A. bei den ersten Akkorden dieses Liedes wie ein Irrer auf die Tanzfläche rennt und für ein paar Minuten nochmal 16 ist und die Luftgitarre auspackt.