Teil2
Keines der Lieder hätte ein anderes sein können, keines verlor an Perfektheit und Begeisterung, keines müsste extra als bedeutsam erwähnt werden – bis auf ein Einziges !!!
„Black“
Ich weiß, eingefleischte PJ-Fans werden bedauernd den Kopf schütteln, wenn ich dieses Lied als das Beste überhaupt bezeichne! Es ist einfach für mich das schönste und beeindruckenste Liebeslied, das ich kenne. Aber was Pearl Jam gemeinsam mit der Masse an Fans an diesem Abend in Hamburg mit diesem Lied gemacht haben, entzieht sich jeglicher Vorstellungskraft und Phantasie meinerseits !!! Schon der erste gespielte Akkord, jagte mir einen Schauer über den Rücken, sofort war die Aufmerksamkeit und die Stimmung der Halle nur „in“ diesem Song. Das von allen mitgesungene „yeah, yeah“ nach „...all that I am, all that I`ll be...“,wurde wie auf der „Ten“ vom Publikum beendet, aber Eddie zog es weiter – hielt seine Stimme länger und länger, und unsere Stimmen schwollen zu einem tosenden, irrsinnig lautem Applaus an! Es war unfassbar !
Den Schlussteil von Black sang die gesamte Halle in einer Kraft mit, die mir den Strom in jedes verfügbare Körperhaar trieb und die den Pegelstand meiner Augen endgültig als „Land unter“ melden ließ. Eine vollkommen entkoppelte Menge – knapp 7000 Menschen – zogen diesen letzten Liedteil, der als niedergeschriebenes „du di dubdub dudiduu, du di dubdub dudiduu“ so furchtbar seelenlos aussieht, mit einem Enthusiasmus und einer Inbrunst in die Länge, die aller Beschreibungsversuche entbehrt! Diese knapp 7000 Menschen holten die gesamte Band, die eigentlich schon aufgehört hatte zu spielen, inklusive Eddie Vedder ( der die gerade gegriffene Gitarre für den nächsten Song wieder wegstellte), zurück an die Micros – sie stimmten wieder mit ein, Eddie mit geschlossenen Augen......!
Das, was da passierte war einfach nur.....!!! Mir fällt bei Leibe kein bekanntes Wort ein, was diese Performance von „Black“ beschreiben würde (dieses Wort sollte endlich erfunden werden)!
Auch, wenn sich das alles jetzt ziemlich pathetisch, idiotisch, überheblich, verherrlichend oder ich weiß nicht wie anhört, aber das war mein absolutes, nie dagewesenes Highlight, mein verrücktester, eindrucksvollster, beruhigenster und aufwühlenster „mein-Leben-hat-sich-verändert-Kick“, den ich nie, nie vergessen werde! Unsere eigene Liveaufnahme von „Black“ ist zu meiner absoluten „Käseglocke“ geworden! Auch heute noch kann ich mir diese Aufnahme in jeder Seelenverfassung und zu jeder Zeit anhören, egal wie deprimiert, wütend oder traurig ich auch bin, die Atmosphäre dieses Songs stülpt sich wie besagte Käseglocke über mich – schottet mich ab von dieser verrückten Welt! Es treibt mir zwar immer noch die Gänsehaut auf den Körper und das Wasser in die Augen, aber es beruhigt mich und so paradox es auch klingen mag, gibt es mir das Gefühl, das alles gut ist und dass das Leben wie ich es führe nicht besser und glücklicher sein könnte!!!
...fade out...
Eigentlich sollte das hier nicht zu einem übertrieben klingendem Epos ausarten! Ich musste nur für mich nach all den Jahren, mein „Leben mit Pearl Jam“ irgendwie in Worte fassen. Denn mittlerweile sehe ich das alles, und besonders das Konzert in Hamburg, als Geschenk. Ich bin äußerst dankbar für diesen Abend, der mir verrückterweise so viel bedeutet!
Ich muß auch heute noch meiner Arbeitskollegin danken, die meinen Nachtdienst am 26.6.2000 übernahm. Dank an all die tausend Menschen, die an diesem Abend dort waren und dieses Konzert zu dem gemacht haben, was es war ! Und ein besonders super dicker Dank geht an "meinen Begleiter"!
Der mich auf diese Musikrichtung aufmerksam gemacht hat, der mir alles vorgespielt hat, was nur irgendwie dazugehört, der mir Texte übersetzt und Gefühle beschrieben hat, der mich von einem Konzert zum anderen gezerrt hat, der mir die Oberflächlichkeit der meisten Menschen und den Tiefgang besonderer Musik nahe brachte, der mir bewies, das es in keinster Weise frevelhaft war ein T-Shirt von Curt Cobain zu tragen und gleichzeitig von Pearl Jam zu schwärmen! Danke "Begleiter"- das du mich mit der Nase auf meine eigene Generation gestoßen hast!
Und auch dieses hier muß ich endlich mal niederschreiben ! Unsere Generation...!
Die sagenumwobene „Generation X“, zu der ich wohl altersmäßig gehört habe, die ich aber (heute für mich vollkommen unverständlich) irgendwie verpasst und aus Gründen die ich leider nicht nachvollziehen kann, ignoriert hatte ! Heute weiß ich, das ich dadurch eigentlich mein ganzes Leben bis dato ignoriert hatte.
Und um auf den immer langsamer werdenden Nostalgiezug aufzuspringen, muß ich heute im Jahr 2003 leider feststellen, dass fast nichts dieser unsrigen Generation übrig geblieben ist.
Von dem was angeblich nur ein übertriebener Hype war, der mit dem idiotischen Wort „Grunge“ betitelt wurde, hat ziemlich wenig überlebt. Die Ziele und Lebensinhalte der Menschen dieser Generation, haben sich anscheinend ins Geschichtsbuch gemogelt, bevor überhaupt jemand begriff, was sie bedeutet haben. Wir gehen unter in der Suppe der Ignoranz, des Spießertums, des Egoismus, dem Hass, den sinnlosen industrialisierten Kriegen, dem Leid, der volksfremden Politik und haben dazu nichts mehr zu sagen. Wir versinken in einem zähen Brei von tonloser Musik, die so furchtbar oberflächlich und nichtssagend geworden ist. Es ist kaum einer mehr übrig geblieben, der irgendetwas aussagen könnte! Bands im Rentenalter, die anscheinend versuchen zu retten, was zu retten ist, die aber nur noch peinlich wirken. Kreative Menschen, die sich totgefixt oder erschossen haben oder es gemeinsam einfach nicht mehr aushielten – es ist niemand mehr da ! Das geht für mich seltsamerweise schon bei „Jimi Hendrix“ (Drogen) und „Jim Morrison“ (Drogen) los – es ist keiner mehr da ! „Mother Love Bone“ (Drogen), „Soundgarden“ (Zwistigkeiten), „Nirvana“ (Drogen u. Schüsse), etc., etc. – keiner mehr da! Dann wollen auch noch die „Smushing Pumpkins“ nicht mehr gegen die „Britneys“ dieser Welt kämpfen – es ist keiner mehr da! Und letztendlich geht auch noch „Layne Staley“ (Drogen) und es ist keiner mehr da! Okay, da wären noch „Radiohead“, total genial, aber die spielen einfach in einer anderen Liga.
Für mich hält nur noch eine Band das sprichwörtliche Fähnchen unserer Generation tapfer in den Wind. Eine Band mit einem Frontmann der ziemlichen Tiefgang hat, der ein gewisses Charisma ausstrahlt, der Freude hat mit seinen Bandmitgliedern Musik zu machen, der einfache Zigaretten raucht, der mal ein Weinchen trinkt, der keinen Hang zu Schusswaffen hat und der Gott sei Dank schon längst über das notwendige Alter von 27 Jahren um in „den Club“ einzutreten, hinaus ist!
Einer, der für mich (und ich hoffe auch für den Rest der „Übriggebliebenen“) einen Status erreicht hat, der mir, selbst wenn er plötzlich Schlagermusik machen würde oder tibetanische Gesänge aufnehmen würde, zeigt, das wir noch leben!
Es gibt sie noch – die Generation X !!!
Danke, Eddie Vedder !
Danke Pearl Jam !!!