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Mein Review zu Hamburg 2000

Offline Manar

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am: 11. Oktober 2006 um 12:47
Schöne Idee! Obwohl mich eine ganze CD nur mit Black-Versionen wohl in den Wahnsinn treiben würde (zu viele Endlos-Emotionen!). Aber auch ich finde, wenn schon solch eine CD, dann unbedingt mit Hamburg 2000. Ja, bei den Originalaufnahmen kommt die Stimmung bzw. die Symbiose mit dem Publikum nicht wirklich gut rüber, aber ich hab da auch eher meine eigene Aufnahme im Kopf (durfte man ja damals mitschneiden) u. auf der sind die Leute extrem laut u. das Gesamtgefühl dabei ist einfach nur perfekt!!!! Außerdem hat ja jeder bei den unterschiedlichsten Versionen ganz private Erinnerungen, die black jedesmal anders einzigartig machen. Um das zu unterstreichen füge ich mal mein Konzertreview von HH hier ein. Ich weiß Nicole, das passt nicht unbedingt in deinen hiesigen thread, aber wenn`s nervt, kann das ja der Jobst hier rausschnippeln!!!
26.06.2000 – Alsterdorfer Sporthalle – Hamburg
Meine Erinnerung an dieses Konzert beginnt komischerweise erst mit der Minute, in der ich in den Fluren dieser Sporthalle stand. Irgendwie hatte das was von alten Schulzeiten. Hunderte von Menschen schlenderten durch die Flure. Ja, ich hatte das Gefühl sie „schlenderten“ wirklich nur umher – locker und ruhig, nichts desto trotz angespannt bis in die allerletzte Muskelfaser. Schon diese Stimmung vor dem Konzert konnte ich nicht wirklich einordnen. Irgendwie war alles so feierlich, so vertraut, so aufregend,  so gesittet ruhig, so gribbelig gespannt, so unrealistisch real – ich fühlte mich seltsam und ich wusste nicht wieso, denn schließlich sollte es doch ein ganz normales Konzert einer gern gehörten Band sein!
"Mein Begleiter" hatte für sich beschlossen, dieses Konzert mal ganz anders zu erleben, schließlich war ja Eddie Vedder nur „für ihn“ nach Hamburg gekommen !!! Er wollte diesmal nicht in der vordersten Fangemeinde stehen, sondern alles von einiger Entfernung aus genießen (man wird halt älter u. legt mehr Wert auf ruhige, unvergessliche Augenblicke). Also gingen wir nach oben auf einen der seitlichen Ränge der Halle, mit perfektem Blick auf die Bühne und mit optimalen Bedingungen für unsere Privataufnahme mittels MD-Player. Ich hatte dieses Minigerät in meiner Hüfttasche, das Aufnahmemicro an meinen Shirt, irgendwelche Verbindungskabel quer über der Brust, den Fotoapparat startklar in der Hand und mir eingetrichtert, nicht rumzutanzen oder laut mitzusingen. Das komische Gefühl von vorhin war verschwunden, ich konnte nur noch daran denken, wie glücklich "mein Begleiter" war wiedermal PJ live zu sehen und dass es einen schönen Abend für mich geben würde, mit einer super Liveshow!
Wir waren bereit – es konnte los gehen!
Das Licht ging aus, das Stimmengemurmel der Menschen wurde lauter und schwoll zu einem nur allzu bekannten Applaus an – Pearl Jam waren auf der Bühne!
Die Band begann mit „Breakerfall“ und mit einer erstaunlichen Wucht. Schon nach dreißig Sekunden war mir klar, hier passierte irgendwas Erstaunliches. Ich hatte schon sehr viele unterschiedliche Konzerte von Bands gesehen und war es gewohnt, das Band und Publikum erst miteinander „warm“ werden mussten. Die ersten zwei , drei Lieder waren immer ein kleines Austesten, ein wenig Abwarten der Band wie das Publikum reagiert, ein wenig Abwarten des Publikums wie die Band drauf sein wird – ein ausloten der Chemie zwischen beiden Parteien eben. So etwas wie hier in Hamburg war mir aber noch nie begegnet! Pearl Jam fingen an zu spielen und nach der ersten Textzeile, waren diese Menschen hier schon am ausrasten, alle sangen mit und  die wellenförmige Auf- u. Abbewegung der Masse zog sich über die ganze Halle  bis hinter die Mischpulte, zu den Ausgängen hin und die Ränge herauf! Es war verrückt! Wie konnte diese Band schon beim ersten Lied so durchdrehen und alles was in dieser Halle atmete so dermaßen mitreißen?  Es folgten „Corduroy“, „MFC“, „Go“, „Faithfull“ – Schlag auf Schlag, die Menschen tobten, Pearl Jam waren vollkommen entfesselt und man konnte die Atmosphäre förmlich anfassen, die Liedtexte aus der Luft herausschneiden! Spätestens bei „Even Flow“ hatte "mein Begleiter" seinen genialen Genießerplan über Bord geworfen und war nach unten in die Halle gerannt. Da stand ich nun mit Herzrasen und starrte hingerissen auf diese Band, die es fertig brachte, jedes ihrer Lieder so rüberzubringen, dass selbst Menschen die kein Wort englisch verstanden oder PJ das erste Mal hörten, genau spüren konnten was ein jedes Lied aussagte. In meinem Hinterkopf rasten die Gedanken wie Filmsequenzen – „Wo kommt dieses Charisma von Eddie her?“, „Ist dieses verdammte Micro an meiner Brust auch an?“, „Sind die Menschen hier alle verrückt geworden?“, „Wo war diese Band solange?“, „Wieso schreien die beiden Mädchen vor mir (ca. 14 Jahre alt) ständig nach „Alive“ und „Jeremy“, das würde doch  gar nicht hier hin passen?“, „Werden meine Fotos auch ohne Blitz gut?“, „Hat Jeff  heute Geburtstag?“, „Werde ich je in meinem Leben diese verdammte Gänsehaut wieder los?“, „Reicht das Akku unseres MD-Players?“, „Wollen uns Pearl Jam fertig machen?“...!
Irgendwann stand "mein Begleiter" wieder neben mir, vollkommen fertig, aber mit den strahlensten, glücklichsten Augen, die ich bis dato je bei ihm gesehen hatte. Obwohl ich die Setlist des Konzertes an diesem Abend gar nicht wirklich wahrnahm, finde ich sie jetzt im Nachhinein absolut klasse  und ich frage mich bis heute noch, woher all die Menschen selbst die Texte von  „I believe in miracles“ (Ramones), „Soldier of love“ (No Boundaries) und „Baba o`Riley“ (The Who) auswendig wussten, denn ich vermute mal das ein Viertel des Publikums zu Zeiten dieser Bands, noch nicht mal auf dem Zeugungsplan ihrer Eltern standen.
Es war alles so genial ! Ein tiefgehendes „Present tense“, ein rasendes „Rearviewmirror“ mit verdienter Überlänge und das beste „Yellow ledbetter“ aller Zeiten, bei dem mir in voller Saalbeleuchtung fast die Luft weg blieb, als ich all diese Menschen hellerleuchtet sah – Menschen, die sich für eine Band begeisterten, die an diesem Abend einmalig war; Menschen die so bewegt jeden Satz mitsangen; Menschen die die Band selbst zu beflügeln schienen; Menschen unterschiedlichsten Alters und Herkunft, mit unterschiedlichsten Outfits und Denkweisen; Menschen die an diesem Abend einfach zusammen gehörten; Menschen einer fast verlorenen Generation, dessen letztes übriggebliebenes Licht diese verdammte Band auf dieser Bühne war – Menschen, zu denen ich dazu gehörte!
...Namárië !


Offline Manar

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Antwort #1 am: 11. Oktober 2006 um 12:47
Teil2
Keines der Lieder hätte ein anderes sein können, keines verlor an Perfektheit und Begeisterung, keines müsste extra als bedeutsam erwähnt werden – bis auf ein Einziges !!!
„Black“
Ich weiß, eingefleischte PJ-Fans werden bedauernd den Kopf schütteln, wenn ich dieses Lied als das Beste überhaupt bezeichne! Es ist einfach für mich das schönste und beeindruckenste Liebeslied, das ich kenne. Aber was Pearl Jam gemeinsam mit der Masse an Fans an diesem Abend in Hamburg mit diesem Lied gemacht haben, entzieht sich jeglicher Vorstellungskraft und Phantasie meinerseits !!! Schon der erste  gespielte Akkord, jagte mir einen Schauer über den Rücken, sofort war die Aufmerksamkeit und die Stimmung der Halle nur „in“ diesem Song. Das von allen mitgesungene „yeah, yeah“ nach „...all that I am, all that I`ll be...“,wurde wie auf der „Ten“ vom Publikum beendet, aber Eddie zog es weiter – hielt seine Stimme länger und länger, und unsere Stimmen schwollen zu einem tosenden, irrsinnig lautem Applaus an! Es war unfassbar !
Den Schlussteil von Black sang die gesamte Halle in einer Kraft mit, die mir den Strom in jedes verfügbare Körperhaar trieb und die den Pegelstand meiner Augen endgültig als „Land unter“ melden ließ. Eine vollkommen entkoppelte Menge – knapp 7000 Menschen – zogen diesen letzten Liedteil, der als niedergeschriebenes „du di dubdub dudiduu, du di dubdub dudiduu“ so furchtbar seelenlos aussieht, mit einem Enthusiasmus und einer Inbrunst in die Länge, die aller Beschreibungsversuche entbehrt! Diese knapp 7000 Menschen holten die gesamte Band, die eigentlich schon aufgehört hatte zu spielen, inklusive Eddie Vedder ( der die gerade gegriffene Gitarre für den nächsten Song wieder wegstellte), zurück an die Micros – sie stimmten wieder mit ein, Eddie mit geschlossenen Augen......!
Das, was da passierte war einfach nur.....!!! Mir fällt bei Leibe kein bekanntes Wort ein, was diese Performance von „Black“ beschreiben würde (dieses Wort sollte endlich erfunden werden)!
Auch, wenn sich das alles jetzt ziemlich pathetisch, idiotisch, überheblich, verherrlichend oder ich weiß nicht wie  anhört, aber das war mein absolutes, nie dagewesenes Highlight, mein verrücktester, eindrucksvollster, beruhigenster und aufwühlenster „mein-Leben-hat-sich-verändert-Kick“, den ich nie, nie vergessen werde! Unsere eigene Liveaufnahme von „Black“ ist zu meiner absoluten „Käseglocke“ geworden!  Auch heute noch kann ich mir diese Aufnahme in jeder Seelenverfassung und zu jeder Zeit anhören, egal wie deprimiert, wütend oder traurig ich auch bin, die Atmosphäre dieses Songs stülpt sich wie besagte Käseglocke über mich – schottet mich ab von dieser verrückten Welt! Es treibt mir zwar immer noch die Gänsehaut auf den Körper und das Wasser in die Augen, aber es beruhigt mich und so paradox es auch klingen mag, gibt es mir das Gefühl, das alles gut ist und dass das Leben wie ich es führe nicht besser und glücklicher sein könnte!!!       
...fade out...
Eigentlich sollte das hier nicht zu einem übertrieben klingendem Epos ausarten! Ich musste nur für mich nach all den Jahren, mein „Leben mit Pearl Jam“ irgendwie in Worte fassen. Denn mittlerweile sehe ich das alles, und besonders das Konzert in Hamburg, als Geschenk. Ich bin äußerst dankbar für diesen Abend, der mir verrückterweise so viel bedeutet!
Ich muß auch heute noch meiner Arbeitskollegin danken, die meinen Nachtdienst am 26.6.2000 übernahm. Dank an all die tausend Menschen, die an diesem Abend dort waren und dieses Konzert zu dem gemacht haben, was es war ! Und ein besonders super dicker Dank geht an "meinen Begleiter"!
Der mich auf diese Musikrichtung aufmerksam gemacht hat, der mir alles vorgespielt hat, was nur irgendwie dazugehört, der mir Texte übersetzt und Gefühle beschrieben hat, der mich von einem Konzert zum anderen gezerrt hat, der mir die Oberflächlichkeit der meisten Menschen und den Tiefgang besonderer Musik nahe brachte, der mir bewies, das es in keinster Weise frevelhaft war ein T-Shirt von Curt Cobain zu tragen und gleichzeitig von Pearl Jam zu schwärmen!  Danke "Begleiter"- das du mich mit der Nase auf meine eigene Generation gestoßen hast!
Und auch dieses hier muß ich endlich mal niederschreiben ! Unsere Generation...!
Die sagenumwobene „Generation X“, zu der ich wohl altersmäßig gehört habe, die ich aber (heute für mich vollkommen unverständlich) irgendwie verpasst und aus Gründen die ich leider nicht nachvollziehen kann, ignoriert hatte ! Heute weiß ich, das ich dadurch eigentlich mein ganzes Leben bis dato ignoriert hatte.
Und um auf den immer langsamer werdenden Nostalgiezug aufzuspringen, muß ich heute im Jahr 2003 leider feststellen, dass fast nichts dieser unsrigen Generation übrig geblieben ist.
Von dem was angeblich nur ein übertriebener Hype war, der mit dem idiotischen Wort „Grunge“ betitelt wurde, hat ziemlich wenig überlebt. Die Ziele und Lebensinhalte der Menschen dieser Generation, haben sich anscheinend ins Geschichtsbuch gemogelt, bevor überhaupt jemand begriff, was sie bedeutet haben. Wir gehen unter in der Suppe der Ignoranz, des Spießertums, des Egoismus, dem Hass, den sinnlosen industrialisierten Kriegen, dem Leid, der volksfremden Politik und haben dazu nichts mehr zu sagen. Wir versinken in einem zähen Brei von tonloser Musik, die so furchtbar oberflächlich und nichtssagend geworden ist. Es ist kaum einer mehr übrig geblieben, der irgendetwas aussagen könnte! Bands im Rentenalter, die anscheinend versuchen zu retten, was zu retten ist, die aber nur noch peinlich wirken. Kreative Menschen, die sich totgefixt oder erschossen haben oder es gemeinsam einfach nicht mehr aushielten – es ist niemand mehr da ! Das geht für mich seltsamerweise schon bei  „Jimi Hendrix“ (Drogen) und „Jim Morrison“ (Drogen) los – es ist keiner mehr da ! „Mother Love Bone“ (Drogen), „Soundgarden“ (Zwistigkeiten), „Nirvana“ (Drogen u. Schüsse), etc., etc. – keiner mehr da! Dann  wollen auch noch die „Smushing Pumpkins“  nicht mehr gegen die „Britneys“ dieser Welt kämpfen – es ist keiner mehr da! Und letztendlich geht auch noch „Layne Staley“ (Drogen) und es ist keiner mehr da! Okay, da wären noch „Radiohead“, total genial, aber die spielen einfach in einer anderen Liga.
Für mich hält nur noch eine Band das  sprichwörtliche Fähnchen unserer Generation tapfer in den Wind. Eine Band mit einem Frontmann der ziemlichen Tiefgang hat, der ein gewisses Charisma ausstrahlt, der Freude hat mit seinen Bandmitgliedern Musik zu machen, der einfache Zigaretten raucht, der mal ein Weinchen trinkt, der keinen Hang zu Schusswaffen hat und der Gott sei Dank schon längst über das notwendige Alter von 27 Jahren um in „den Club“ einzutreten, hinaus ist!
Einer, der für mich (und ich hoffe auch für den Rest der „Übriggebliebenen“) einen Status erreicht hat, der mir, selbst wenn er plötzlich Schlagermusik machen würde oder tibetanische Gesänge aufnehmen würde, zeigt, das wir noch leben!
Es gibt sie noch – die Generation X !!!
Danke, Eddie Vedder !
Danke Pearl Jam !!!                                               
...Namárië !


Offline Manar

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Antwort #2 am: 11. Oktober 2006 um 12:49
Oh Gott! Ich glaube das war wirklich to much!!!! :-[ Aber es kam gerade nach der diesjährigen Tour so viel hoch. Hoffe einer von den Ads hier kann das irgendwie abändern!!!
Sorry!!!!!
...Namárië !


Offline nicole

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Antwort #3 am: 13. Oktober 2006 um 15:18
Auch gut, hehe, danke Jobst. :)
Nächstes mal selbst nachschauen, Faulpelz! Oder neeee warte, ich suchs eben für Dich raus... ganz Pearljamlike eben. Kein Problem, lehn Dich zurück, bin sofort wieder da.


Offline jobst

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Antwort #4 am: 13. Oktober 2006 um 15:19
Auch gut, hehe, danke Jobst. :)

Auf Wunsch des Autors.
Karriere beendet.


Offline börns

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Antwort #5 am: 15. Oktober 2006 um 18:48
Super Bericht. Da werden Erinnerungen wach!  ;)


Offline x4343

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Antwort #6 am: 16. Oktober 2006 um 19:47
Man da haste ja einiges rausgeholt !
Super geil aber irgendwie zu gut, denn ich wünschte ich wär damals (mit 10 Jahren) schon PJ fan  und auch in Hamburg gewesen. Perfekt !


Offline Vasall

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