McNamaras Buch betrifft auch die Frage, ob wir Menschen eine "Rasse" mit besonders kurzem Gedächtnis sind. Ich glaub, die Frage ist falsch. Wahrscheinlich sind es die Medien, vor allen Dingen die Entwicklung der elektronischen Medien, die diesen Effekt erzeugen. Was hat man aus Vietnam gelernt? Das Wort Vietnamtrauma müsste man auch mal hinterfragen. Ist das nur etwas, das Presseleute und Spielfilmmacher erfunden haben?
Beim zweiten Golfkrieg hatte Vater Bush während des Ultimatums viel Zeit der Vorbereitung. Er bekam Hilfe aus Hollywood, was die elektronische, mediale Präsentation des Krieges anbetraf.
Das betrifft auch die sogenannte dritte Front, die in dieser Zeit in den elektronischen Medien verläuft. Hier kann man auch direkt verfolgen, wie im Krieg als erstes die "Wahrheit" über Bord geht. Es wird gelogen.... Aber man kann dem schon Informationen entnehmen.
Tut mir leid, aber diese Zeilen bringe ich immer mit diesem Problem des Verlustes der Wahrheit in Verbindung: (Zensur, Propaganda, Lügen)
and the feelings, they get left behind
oh the innocence broken with lies
significance between the lines
we may need to hide...
Einige Punkte waren bei Vietnam wohl besonders wichtig: Erstens Vietnam hatte lange lange gedauert. Letztlich war dieser Krieg auch durch Bilder beendet worden, die zeigten, dass Krieg grausam ist und wehtut. Zum Beispiel, das Bild, der Film, wo ein Mann auf der Strasse erschossen wird, oder das nackte Mädchen, das aus der Napalmhölle herausläuft. Oder My Lai...
Drittens - die sogenannten Gefallenenzahlen. Da war dann irgendwann mal wohl die Grenze der Zumutbarkeit erreicht. Der Anblick von mit der amerikanischen Flagge bedeckten Särgen war Bestandteil fast jeder Nachrichtensendung - später. Und die Opfer betrafen fast immer eine bestimmte Schicht oder Gruppe der Bevölkerung, die "die Kohlen aus dem Feuer holen" musste. Kein Wunder, dass der Konsens in der Bevölkerung litt.
Ich kann das jetzt nicht vertiefen. Aber kein Krieg, in den sich Amerika jetzt involviert, wird lange dauern. (Die Anzeichen für den Rückzug aus Irak sind gegeben). Hohe eigene Gefallenenzahlen wird man in jedem Fall zu vermeiden versuchen. Deshalb die neue Rolle der Luftwaffe und - man geht nur vor gegen Gegner, die hoffnungslos unterlegen erscheinen. Es wird tunlichst vermieden, Bilder von gefallenen oder leidenden Gegnern zu zeigen. Von einem Hotel in Bagdad sehen die Bomben in 20 bis 30 km Entfernung wie Feuerwerk aus. Im Goflkrieg des Vater Bush waren die Presse- und Fernsehleute in sogenannten Pulks zusammengefasst. Man war am Ort des Geschehens - direkt daneben, bekam aber nur das Erwünschte mit.
Jetzt waren die Presseleute z. T. sogar auf den Panzern - "embedded". Man setzte sicherlich auf eine Art Fraternisierungs-Effekt. Und man weiss, abstraktes Denken fällt den Zuschauern schwer. So wiegt die Zahl der gegnerischen Opfer wesentlich weniger als das Gesicht eines einzigen Verwundeten. Ein Effekt, den sich der Gegner aber auch zunutze machen kann.
Und - man trifft angeblich nur militärische Ziele, mit chirurgischer Präzision. (Wenn der B 52-Bomber, dies Fossil aus den Tagen Vietnams gezeigt wird, dann ist das aber schon als Drohung mit blankem Terror zu verstehen. - Oder diese Apache-Hubschrauber - ideal dazu, nah heranzugehen und Fahrzeuge und Truppen zu vernichten. Im zweiten Golfkrieg gab´s die Mahnung an die Piloten, Munition zu sparen. Feiges Scheibenschiessen.)
Lehren aus dem Vietnamkrieg, aber die falschen. Ich konnte nur Beispiele andeuten.
Im anderen Thread war von Paranoia die Rede gewesen. Meine Frage ist, ob das ein notwendiger Prozess ist, der zu mehr Frieden auf der Welt beitragen kann. Ich denke mal, ein friedfertiger Mensch weiss um die Konsequenzen seiner Handlungen, versucht sie sich zumindest vorzustellen. Hoffentlich gibt es die Möglichkeit, dass dieser tiefsitzende Schock, der mit dem 11. September zusammenhängt, eines Tages mal überwunden werden kann. Zur Zeit allerdings sieht es schlecht aus. Allerdings, was die überwiegend patriotische Berichterstattung in den USA nach dem 11. September betrifft, sind da doch Anzeichen von Auflockerung zu sehen. Die Berichte von Folterungen bei den Verhören sind doch zuerst in USA gesendet worden.
Wie dem auch sei:
Deshalb ist das Buch von McNamara
möglicherweise wichtig. Vietnam darf nicht vergessen werden. Welche Stellung bezieht McNamara zu den heutigen Problemen? Auch das wird das Buch wohl beantworten. Aus Vietnam und aus diesen anderen Kriegen sind die richtigen Lehren zu ziehen. Die oben erwähnten militärischen Schlussfolgerungen sind absolut unzureichend.
Das erste erwähnte Amerikabuch hat mit Armee, Drogenproblem und Drogenkrieg zu tun. Hatten nicht die Reagens noch die Weichen in diese Richtung gestellt? Nach dem Wegfallen des alten Feindbildes des Kalten Kriegs. Vater Bush hat einen ersten Krieg - oder Feldzug - dieser Art geführt, gegen Noriega und Panama. Ich weiss jetzt nicht, ob das genau passt:
http://www-personal.umich.edu/~lormand/poli/soa/panama.htmAugstein schrieb damals, dass dieser Bush noch für manche Überraschung gut wäre. Er hat Recht behalten. Das war übrigens der erste Eingriff (?) dieser Art in die Souveränität eines Landes. (wiederum nach dem Ende des Kalten Krieges).
So: die andere Frage ist nach Büchern, die Eddie Vedder empfehlen würde. Steffen hat das in anderen Thread(s?) schon versucht, unter die Leute zu bringen. Ich möchte an dieser Stelle nur besonders auf
Noam Chomsky hinweisen. Ein wichtiges Thema bei Chomsky sind auch die elektronischen Medien.
Oben war von "Der Zweck heiligt die Mittel" die Rede gewesen. Eine Devise die in der amerikanischen Aussenpolitik Jahrzehnte lang Gültigkeit und Priorität hatte. Pinochet, Saddam Hussein, der Schah von Persien usw. - alles mal Musterschüler der Amerikaner. Die Liste wäre lang.
Ich hoffe, ich bin nicht zu sehr OT.
Hab zur Zeit Frühdienst, das haut mich immer so um,
ist aber bald vorbei. Dann wieder zu den Interpretation.
Übrigens heute ist endlich angekommen:
Mick Wall, Pearl Jam Alive. Da bin ich ja mal gespannt.
H.
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