Ich dachte ja nur, es könnte für die Unwissenden nützlich sein...
war es - ich bin auch neugierig auf den Film geworden. Ich kann und darf mindcrime nicht "interpretieren" - ich schätze mal, der hat nur "moderiert".
Könnte das vielleicht so sein: Der Vater schrieb den Sohn seinen Weg vor (ruled, guided). Was er für richtig hielt. Der Sohn hat (pretend) ja und Amen gesagt. So nach dem Motto - red du nur, du.... - Der Vater hats durchschaut und immer wieder insistiert . Letztlich hat der Sohn aber doch seinen eigenen Weg gefunden. Aber immer wieder prallten die Temperamente wie Naturgewalten aufeinander, bei der Erziehung und den Versuchen des Vaters, etwas aufzuzwingen. Aber der Sohn muss auf dem Lebensweg seinen eigenen (rostigen?)Zeichen folgen, die nur für ihn sind. Und dieser Lebensweg führt ihn auch weit weg vom Ort der Kindheit.
and the road, the old men paved
the broken seams along the way
the rusted signs, they're just for me
Das hat auch etwas von Wege ebnen, pflastern. Das in der letzten Zeile hier kennen wir aus "Thumbing My Way". Wird durch "rusted signs" konnotiert. Dies ist der Vergleich des Lebens mit einem Strassennetz. Die wichigen Entscheidungen des Lebens - entsprechen den Richtungswechseln, Abfahrten usw. Ich will mal die mittlere Zeile als ländliches Milieu nehmen - ebenso wie dieses paved, das aber doppelt "besetzt" ist, zeigt einerseits auch die "bescheidenen" Versuche des Vaters.
In der alten Naturlyrik fehlt natürlich diese Strassenbildlichkeit. Ich zähle die hier zu den Naturlyrikfragmenten des Textes. Moderne Zeiten.
Das "Handlungsgerüst" des Textes ist die Fahrt des Sohnes zur - und Teilnahme an der Trauerfeier und Beerdigung des Vaters. Schon mit der ersten Zeile scheint man in der Natur zu sein - in der sich das Vater- Sohn- Verhältnis dann widerspiegelt. Ich stell mir dabei einen Blick aus dem Autofenster vor.
So ist diese Beerdigungsveranstaltung, dies Theater, wo der in seinem Sarg aufgebahrte Vater (ist schon eine geniale Formulierung, dies "the last Bow") der Star der Stunde ist, auch eine Rückreise in die Vergangenheit des Sohnes. Das Leben des Vaters verlief in bescheidenen, rechtschaffenen Bahnen. Unauffällig. Das wird ganz toll und hochgradig komprimiert vorgeführt. Der Ort dieses Lebens wird jetzt verklärt durch die Naturereignisse. Der Himmel bricht auf und ergiesst sein Licht über die Kleinstadt. Himmelfahrt.
Ich habe in den letzten Tagen immer wieder nach Bildern gesucht, die dies genau wiedergeben. Der aufreissende Wolkenhimmel über einer Farm oder Kleinstadt, konnte aber leider nicht fündig werden
Ist natürlich nicht frei von Kitsch. Ich betone Kitsch eine ganz umstrittene Kathegorie.
Allerdings befinden wir uns hier in der Welt des Vaters. Und so collagenartig kann man das durchaus benutzen. Und ... der Glaube an das Wiedersehen, an das Wieder-Zusammen-Sein spielt hier die Rolle. .... Die entsprechende Formel wird drei mal wiederholt.
Am Schluss betont dies feel, dass sie sinnerfüllt ist:
as the curtain comes down
i feel that this is just
goodbye for now
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nature has its own religion
gospel from the land
ahmt das Glockengeläut nach, gehört erst mal vordergründig zum Milieu der Kleinstadt, des Landes, der Kindheit.
Und der Sohn empfindet eins: Haben die Konzepte und Vorstellungen des Vaters auch nichts genützt, für sein eigenes Leben, er hat von ihm das allerwertvollste - die Liebe bekommen. Die Gewissheit: Vater tat alles aus Liebe zu mir. Mehr kann man einem Kind doch garnicht mitgeben.
Die Zeile
he was guiding me, love, his own way
fasst das alles zusammen. Das Wort Liebe steht zentral. His own way ist wie eine Einschränkung, aber die Wirkung ist auch: Liebe bricht quasi unvermittelt hervor. Sie ist bedingungslos.
Jetzt müsste man das pädagogische Konzept, das gezeigt wird, genau untersuchen. Ist glaube ich nicht nur Konfliktpädagogik. Ist auch nicht autoritlärer Stil. Garnichts Reflektiertes oder Angelesenes wahrscheinlich. Etwas ganz anderes ist hier gemeint. Vielleicht so eine Art ganzheitlicher Zuwendung und Aufmerksamkeit. (Mir liegt unheimlich viel an dir.) Möglicherweise sagt der Sohn, ich kann ja auch garnichts anderes machen, um meine Kinder zu selbständigen Menschen zu machen. Und der leichte Weg darf es nicht sein.
Schon von da aus hat der Film mit dem fabulierenden Vater ein ganz anderes Thema. -
Ja, da gibt es viele Spielarten, @Countrygirl. Dies " he enjoyed collisions" betont auch, dass es auch Temperamentsache ist. (Der fabulierende Vater und der sich gern streitende Vater könnten sich in diesem Punkt - "mir liegt unheimlich viel an dir"- treffen.)
Der Text legt über diesen Beerdigungsritus, zu dem alle zusammenkommen, die Folie des Theaters. - eines grotesken Theaters, einer grotesken Veranstalung oder Show, deren man sich scheinbar nicht entziehen darf und kann. Ganz offensichtlich passt dies Theater auch garnicht zum Vater selbst. Erleben des Ich. Damit wird hier eigentlich der Schmerz ausgedrückt - und übertragen. Und ganz in der Ferne klingt auch tragikkomisches Lachen an: im "the final bow". Ist vielleicht Bestandteil des Schmerzes. Oder zeigt die Schwierigkeit mit dem Tod umzugehen.
we all come 'round
cuz the man of the hour
has taken his final bow
goodbye for now
Am Schluss fällt der Vorhang.
Das mit dem Wiedersehen ist mehrfach erwähnt worden. Dazu gehört aber auch, dass der Sohn weiss, dass sein Leben Anfang und Ende hat, dass es endlich ist. Aber ... dazu müssen wir uns auch andere Texte angucken.
oder dies:
and the doors are open now
Wofür steht das Symbol? Auf der Ebene des Handlungsgerüstes sind es die offenstehende Tür der Kapelle oder des Hauses des Vaters.
kalt ist es - s.o. - Anfang und Ende treffen zusammen.....
Aber den Text gucken wir uns noch genauer an, da kann man noch jede Menge Neues dran entdecken.
Ach ja -- natürlich liebt dieser Sohn seinen Alten - (und akzeptiert sich selbst).
Ach - das hatte ich schon gesagt?: Weil diese Show, dies Theater dieser Ritus dem rechtschaffenen und bescheidenen Leben des Vaters auch widerspricht, heisst der Song "Man of the hour". Als Toter hat er seinen einzigen grossen Auftritt. Er ist Star der Stunde.
Hajü