Hallo
Ich glaube, das geht aber noch ein bisschen weiter. Der, der hier spricht, hat Angst um die Wahrheit. Angst um sich selbst als Künstler. Er hat Angst davor, von der Bekanntheit, seinem Prominenzstatus korrumpiert zu werden. Das, was vorher entstanden ist, wird dagegen als Produkt der Passion, der die Jugend als Attribut zugeordnet wird, dargestellt.
Wenn jetzt die Bekanntheit kommt, die ganzen Interessenvertreter mit ihren auch divergierenden Erwartungshaltungen, was dann?
Plötzlich ist so einer in einer ganz anderen Rolle drin.
Du kannst Dich dann auch nicht mehr so spontan äussern, trägst andere Verantwortung, musst Deine Worte auf die Goldwaage legen. Denn auch das Image muss gepflegt werden.
Da wird die Identität eines Menschen so betroffen, dass auch der Schaffensprozess in Gefahr gerät.
Oder auch die (alten) Freunde. Plötzlich sehen die Dich mit anderen Augen. Oder Du denkst, dass sie Dir nicht mehr glauben, vertrauen. Oder Neid - Konkurrenz??? Immer musst Du über diese Kluft springen, die plötzlich da ist. Ein normaler Wortwechsel ist nicht mehr möglich. Plötzlich bist Du der Arrogante. Das könnte dann so im Sinne dieser selbsterfüllenden Prophezeiung verlaufen. Ich glaube, dann beginnst Du Dich zurückzusehnen in Dein altes Mauseloch. Auch die Partnerschaft, die Liebe scheint betroffen zu sein. (mehr am Text, Textarbeit?) Oder Vielleicht so: Spätestens, wenn Du Dich fragst, ob das denn überhaupt noch stimmt, dass Du doch derselbe geblieben bist, ist die Partnerschaft betroffen. Oder auch so: Du wirst auf Feten herumgereicht und bist von lauter wohlfeilen leicht bekleideten ..........
Oder: Ich verzichte auf Einkommen und verfolge ein anderes Konzept. Welches?
all that's sacred comes from youth
dedication, naive and true
Vielleicht sollte man auch den Begriff Jugendbewegung heranziehen?
Wahrscheinlich wäre auch ergiebig soziologisch zu fragen. Beispiel: Der Künstler im Elfenbeinturm ? - Analogie zur freischwebenden Intelligenz. Betrifft aber eher Forschungen über Literaten. Intelligenzsoziologie. Über die schöngeistig literarische Intelligenz gibt es viele Untersuchungen. Besonders ergiebig bei einem bestimmten Kunstbegriff - Kunst für die Kunst, der die Marktbedingungen und - Gesetze als profan auszublenden versucht. Der Kunstbegriff wird dort als Legitimationsstrategie befragt. So in etwa.
Dann kommt die oben behandelte Frage nach den Instanzen des Musikmarktes. Produktionsbedingungen zweiter Teil.
So bescheiden und privat, wie sich das Lied hier vordergündig gibt, ist es nicht. Es geht hier schon um grundlegende Probeleme einer Positionsbestimmung. Dass hier der Kunstanspruch vorliegt, habe ich gezeigt.
(Intelligenz-soziologie und Wertung - und sozialgeschichtliche Fragen möglich)
Ich glaube, der Wahrheitsbegriff wird auch durchaus problembewusst behandelt. (Garnicht naiv!!!)
Der Neil-Young-Text ist da schlichter. Alle Probleme scheinen von der ökonomischen Abhängigkeit des "Künstlers", Kreativen her zu kommen. Die Alternative ist hier scheinbar das Leben als vogelfreier Vagabund.
Nimm dagegen diese Casting-Shows. Wie schamlos dagegen. Das letzte Beispiele: Produzent ist ein Typ, der davon lebt, sorgfältig sein Arschlochimage zu pflegen. Jetzt tut er verantwortlicher, stellt das als Alterfrage dar. Arschloch, das "neue" - (sozialdarwinistiche?) Paradigma. Ein Song - wahrscheinlich direkt aus dem Musikcomputer wird von drei jungen Talenten, die alles, aber auch fast alles machen würden, präsentiert. Erstäunlich, wie unterschiedlich sich das anhört. Das ist heute der Normalzustand. Niemand wundert sich mehr.
Wenn so ein Slatgo oder Jürgen oder ... so ein bisschen bekannt ist, dann lässt sich schon der Taschengeldmarkt erfolgreich mit Wegwerfprodukten (Wegwerfprotagonisten) abgrasen. Das rechnet sich. Dieser unmenschlilche Zirkus ist völlig ohne Ambitionen. Ich denke immer: Hinter den ganzen Produkten stehen ausgebuffte Typen meiner Generation, die die Puppen tanzen lassen. Die missbrauchen den Generationenkoflikt, auf dem die Jugendbewegung wachsen sollte, könnte.
Der Aspekt - schliesse ich Teile des möglichen Publikums aus, wo ist meine Zielgruppe - klang oben schon an. Ist eigentlich die naheliegendste Frage. Titel.
Erste Ergänzung:
...scream...my friends...don't call me...
...friends, no they don't scream...
...my friends don't call...my friends don't...
all that's sacred comes from youth
dedication, naive and true
with no power, nothing to do
Diese Zeilen muss man auch zusammen begucken. Deshalb bin ich auch auf dies - Isolation der Intelligenz - Thema gekommen. Im Übrigen bei dem Thema der richtige Ansatz. Aber Literatur. ... neue Untersuchungen.
Dieser Abschnitt zeigt: Der "Dichter", Kreative, Künstler fühlt sich mit seinen Produkten in einer Jugendbewegung stehend. Hier repräsentiert er, spiegelt wider, gestaltet. Unter den neuen Bedingungen kommt er sich abgeschnitten, isoliert vor.
Vielleicht bekommt er das Gefühl, indem sie ihn vereinnahmen, wollen sie diese Bewegung vermarkten, letztlich zerstören. Das Echo, Feed-Back der Freunde bleibt aus, sie müssten schreien, um diese Kulisse zu übertönen, rufen noch nicht mal, rufen noch nicht mal an. Isolation. Und Produktionskrise:
with no power, nothing to do
und - ohne die Basis, auf der er bisher stand - Vitalitätsverlust.
Das ist auch wieder das Thema der verlorenen Naivität, das schon öfter in den Texten auffällig wurde. Dann kommt noch verschärfend hinzu: Du musst in dem Unterhaltungssektor, an den Du angeschlossen bist, ein Produkt mit dem neueren Produkt übertreffen.
Die sogenannte Wahrheit ist schon am Anfang des Textes k.o. gegangen - Muhamet Ali - Vergleich. "like".
Möglicherweise ist der Neil Young-Text nur scheinbar so schlicht. Auf jeden Fall: Im Vergleich zu den neuen Auswüchsen der freien Marktwirtschaft haben diese Kalkulationen und Positionsbestimmungen direkt ethischen Charakter. Ohne ökonomische Erwägungen geht es natürlich in keinem Fall. "Brotberuf" ist eine ganz alte Formulierung.
Jedenfalls ist von der Problem- und Positionsbeschreibung scheinbar ein weiter Weg bis zu Bushleaguer, (finde das Dollarzeichen jetzt nicht), Do The Evolution, I am Mine. Scheinbar.
Hajü