"einer Grimasse verzogen war die selbst Angela Merkel nicht besser hinbekommen hätte"
schöner Vergleich hehe
Ich fand auch, der Naturkatastrophe mit sovielen Toten an den Feiertagen konnte man ganz gut ausweichen. Die meisten Sender haben wohl ihr Feiertagsprogramm ziemlich ungerührt durchgezogen. Mal abgesehen von Sondersendungen.
Mein Gott, diese Zahlen von 10000 und mehr - Fischer sprach gestern von 20000 - eine Kollegin heute morgen von 40000 sind einfach abstrakt. In der Runde heute morgen sprach jemand von wer weiss wie vielen Deutschen, die da betroffen sind. T-online spricht von 700 Deutschen, die auszufliegen sind.
Andererseits - wird es dadurch, dass Deutsche involviert sind, schlimmer?
Eine Kollegin sprach davon, dass sie auch Pläne hatte, in die Gegend zu fahren. Dann wird es für einige ja erst besonders interessant. Wenn sie so persönlichen Zugang zum Thema bekommen.
Ich finde schon merkwürdig, wie wir so etwas in der Regel erleben und verarbeiten - und verdrängen.
Ich bleib dabei: Die Zahl ist einfach abstrakt und uns wird in der Regel garnicht deutlich, was dahinter steht... an Schicksalen. Und Schmerzen.
Mit dieser möglicherweise vorhandenen Unfähigkeit im Umgang mit abstrakten Zahlen rechnen in der Regel auch die Fernsehsender. Wenn sie Betroffenheit erzeugen wollen, dann gibt es Fallgeschichten, dann wird eine Familie oder ein Einzelner ganz besonders intensiv beobachtet usw. Das wiegt nach der Meinung der Medienmacher schwerer als der abstrakte Bericht. Ist das so? Das ist auch oft Quelle der Manipulation. Manchmal denke ich mir, die behandeln uns Menschen da für dümmer als wir sein müssten. Unkenntnis schaffen sie so nicht aus der Welt. Der Umgang mit solchen Zahlen in Presse oder elektronischen Medien ist also immer auch ein didaktischer.
Die andere Frage ist: Krieg ist menschengemacht und folglich auch vermeidbar. Die Naturkatastrophe entzieht sich scheinbar dem Zugriff (des Menschen).
Ich kenn das aus dem Zauberberg von Thomas Mann. Hier findet eine Art Bildung und Entwicklung eines vorher recht schlichten Charakters statt. Dieser Hans Castrop steht zwischen dem Italiener "Lodovico Settembrini, Aufklärungsoptimist und »Zivilisationsliterat«, Republikaner und Humanist," und "der(m) Jesuit(en) und Kommunist(en) Leo Naphta (für den der Philosoph und Literaturtheoretiker Georg Lukács (1885-1971) Modell gestanden haben soll). In grossen Grundsatzdiskussionen, bei denen sie auch mal die Standpunkte unmerklich vertauschen, umwerben sie miteinander konkurrierend den Zögling. Deutlich wird unter anderem, dass ein grosses Erdbeben - in Lissabon - vor vielen Jahren quasi die Aufklärung beendet hat. Die Naturkatastrophe hat den Menschen und den Anhängern dieser Richtung schockartig vor Augen geführt, dass dem Glauben an den Fortschritt und die Machbarkeit aller Dinge Grenzen gesetzt sind. Die Natur lässt sich nicht völlig domestizieren. Das nimmt man auch nicht gerne wahr. Es könnte Ohnmachtsgefühle verursachen.
Andererseits schreibt T-online heute, dass eine Vorwarnzeit von vier Stunden gewesen wäre. Die Amerikaner hätten sogar versucht, zu warnen. Es wäre also viel Zeit gewesen, viele Menschen, wahrscheinlich die meisten zu retten.
Ein Frühwarnsystem scheint es in der Gegend nicht zu geben. Aber gleichwohl hat es grosse Fortschritte in der Vorhersehbarkeit gegeben. Aufklärung aus dem All, was weiss ich...
Die andere Frage ist,
wie in Presse und Medien über Naturkatastrophen berichtet wird.
Afrika: Die teilweise schnurgraden Grenzziehungen der Kolonialisten sind erwähnt worden. Manche Hungerkatastrophe ist durch Monokultur und Zerstörung funktionierender Strukturen zum Zwecke besserer Ausbeutung durch die Imperialisten verursacht worden, also menschengemacht. Die Kriege in Afrika sind keine Naturkatastrophen im obigen Sinne.
Noch eine andere Frage tauchte auf: Welcher Krieg von den vielen, die zur Zeit stattfinden, ist berichtenswert? Wieso sind die Ereignisse des 11. September, wo ja viel weniger Menschen als jetzt umgekommen sind, scheinbar berichtenswerter? Erst konntest Du die Türme quasi in Echtzeit einstürzen sehen, dann wurden die Bilder so oft wiederholt, dass es wie eine Endlosschleife wirkte. Der 11. September hat westliche Verbündete betroffen. Man musste mit machtpolitischen und militärischen Konsequenzen auch für das Leben hier rechnen. Ohnehin befindet oder befand Deutschland sich in einer Art Übergangsphase, was die internationalen Verpflichtungen anbetrifft. Da sind auch Interessenten, denen es nicht schnell genug gehen kann, dass die Deutschen militärisch überall in der Welt - also auch ausserhalb von Natogebiet - natürlich eingebunden in Bündnis und unter dem Dach der Uno - militärische Beiträge leisten können. (Das ist ja schon keine Frage mehr.) Sowas beeinflusst die Bereitschaft zu berichten auch. Dann waren Amerikaner zum ersten mal auf ihrem eigenen Gebiet betroffen, nachdem sie voher sehr viel "ausgeteilt" hatten. Und dann gibt es in Amerika natürlich viel Medienpower.
Naturkatastrophe ist ein recht schwammiger Begriff. Die Grenzen sind da sehr fliessend. Das Wort beinhaltet schon viel Deutung. Und es wird von vorneherein eine Haltung im Umgang mit den Phänomenen nahegelegt: Katastrophenhilfe und milde Gaben. Also, das Abarbeiten an Symptomen. Denn die Ursachen sind scheinbar nicht beeinflussbar.
Aber die Kriege in Afrika dürfen wir nicht als Naturkatastrophe darstellen und erleben.
Das könnte sich nämlich auch rächen.
Und dann würde mich mal interessieren, wer die Entscheidungen, wie über so etwas berichtet werden soll, in welchem Umfang in das laufende andere Programm eingegriffen wird, eigentlich trifft? Und nach welchen Massstäben diese Entscheidungen fallen.
Ich denk noch mal drüber nach
Übrigens NTV ist bis auf Ausnahmen einer der langweiligsten Sender überhaupt. Ich kann mich noch gut an Peter Staisch erinnern. Raketen-Peter. Viel mehr Kopf-Power findet man auf Phoenix. (Ist allerdings kein Nachrichtensender im eigentlichen Sinne.) (Das gilt auch für CNN: Zu wenig Kopfpower, obwohl es hier schon recht abenteuerlich zugeht.) Der obige Vergleich mit dem Sack Reis, der umfällt, stimmt. NTV nivelliert irgendwie alles, habe ich so den Eindruck.
H.